Kontrollverlust / Du kannst mich Ana nennen – Tanzstück aus Braunschweig

“Mein vollständiger Name ist Anorexia Nervosa, aber du kannst mich Ana nennen. Ich werde anfangen, mich in dir einzunisten und dir zu helfen. Ziemlich bald bin ich immer bei dir. Aber das Wichtigste ist: Wir dürfen es niemandem verraten!“

Das Tanzstück “Du kannst mich Ana nennen” von Warzecha & Kompliz:innen zeigt anhand zweier Figuren auf der Bühne die Abwärtsspirale von Essstörungen und wie diese von der Pro-Ana-Bewegung weiter angetrieben werden. Es thematisiert die vermeintliche Kontrolle über den Körper, über den Appetit, das Hungergefühl und die eigene Gedankenwelt bis hin zum völligen Kontrollverlust über sich selbst. Gezeigt wird eine Krankheit, die für Außenstehende nicht greifbar wird und in der Betroffene in einer Parallelwelt nach Verbündeten suchen. Was sie dort finden, scheint zunächst eine haltgebende Community zu sein und das Gefühl, endlich verstanden zu werden. Angeführt von der Personifizierung der Essstörung namens Ana begleiten sich die Betroffenen jedoch immer tiefer in die Krankheit.
Ana bereitet ihnen den Weg. Ana verlangt Disziplin. Ana duldet keine Schwäche.

Zur investigativen Recherche wurde die Choreographin Anna Warzecha unter Pseudonym mit imaginärer Biografie mit Essstörung Teil der Pro-Ana-Community. Sie war Mitglied in einem Pro-Ana-Forum, in Chatgruppen und wurde von einem Pro-Ana-Coach kontaktiert und begleitet. Außerdem führte sie Interviews mit Betroffenen.

Expert*innen gehen davon aus, dass jede*r vierte Jugendliche eine Essstörung entwickelt hat oder Gefahr läuft, eine zu entwickeln. Da die Essstörung explizit thematisiert und eine Bildsprache für den Kontrollverlust und deren Auswirkungen gezeigt wird, existiert ein Triggerpotential, das sensibel aufgefangen werden muss. Ein Fokus dieses Projekts liegt daher außerdem auf Nachgesprächen, nachbereitenden Workshops, die empowern und aufklären sollen sowie der Sensibilisierung der Lehrkräfte durch ein ausführliches Begleitmaterial.